Im September entschied sich der Budapester Bezirk Terézváros, auch bekannt als der 6. Bezirk, in einem Referendum für ein Verbot von Airbnb und anderen Kurzzeitvermietungen. Eine Stimmmehrheit von 450 Stimmen entscheidet nun über ein gewagtes Experiment mit ungewissem Ausgang.
Die mit 54% denkbar knappe Entscheidung (20% der 35.000 Einwohner hatten teilgenommen) soll ab dem 1. Januar 2026 in treten und dazu führen, dass in Terézváros keine Kurzzeitvermietungen mehr erlaubt sein werden, bzw. dass die Anzahl der Tage, die eine Wohnung per Airbnb & Co vermietet werden darf, auf Null gesenkt wird.
Das hat die Diskussion über ähnliche Regelungen in anderen zentralen Stadtteilen entfacht. Alexandra Szentkirályi aus der Fidesz-Partei in Budapest schlug gar vor, dass sie die Regelung gerne auf Budapest oder gar das ganze Land ausweiten würde.
Nun ist die Fidesz in Budapest Oppositionspartei, daher ist zumindest für die Hauptstadt nichts dergleichen zu erwarten.
Beobachter weisen allerdings darauf hin, dass ihre Partei und die damit verbundenen Unternehmensgruppen (inklusive Schwiegersohn des Premiers) in den letzten Jahren massiv in Hotels investiert haben und von einem solchen Verbot immens profitieren würden.
Andererseits ist auch der Regierung klar, dass ein solcher Schritt den Tourismus stark schädigen könnte. Statistisch gesehen geben Airbnb-Touristen während ihres Aufenthalts rund 500 Euro aus und es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass diese Reisenden einfach auf Hotels umsteigen. Eher würden sie ein anderes Ziel wählen.
Dies wird um so brisanter vor dem Hintergrund, dass eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung von McKinsey dem Hauptstadt-Tourismus enormes Potenzial vorhersagt. Die Frage ist dann aber:
1. Wohin mit den 5.9 Millionen Übernachtungen, die dann nicht mehr legal wären?
2. Wo soll man die neuen Gäste unterbringen, die bei einer Steigerung von ca 12% pro Jahr erwartet werden?
3. Allein der Tourismus in Budapest würde 2023 2.5% zum Bruttosozialprodukt Ungarns beitragen. Aber nur, wenn es gelingt, alle Reisenden auch unterzubringen, und entsprechende Angebote bereitzuhalten.
Immerhin hat man inzwischen bei den Zahlen Berlin überholt, und möchte eigentlich auch den Abstand auf den Rivalen Prag verkürzen. Es erscheint vor diesem Hintergrund mehr als fragwürdig, dieses Ziel mit einem Airbnb-Bann zu gefährden.
Wie reagieren andere Bezirke in Budapest?
Die Bürgermeister anderer Innenstadtbezirke scheinen das Verbot als Methode abzulehnen. Peter Niemüller, der Bürgermeister des 7. Bezirks, der für seine Partyszene und Ruinenbars bekannt ist, äußerte Bedenken über ein generelles Verbot. Hier gibt es derzeit rund 4.400 Kurzzeitvermietungen, die das Bild des Bezirks stark prägen. Man wolle eher über kollaborative Ansätze auf eine bessere Situation für Betreiber und Anwohner hinarbeiten.
Ähnliche Aussagen kamen von Krisztina Baranyi, der Bürgermeisterin des 9. Bezirks (Ferencváros), und Andras Piko, Bürgermeister des 8. Bezirks (Józsefváros). Sie bevorzugen maßgeschneiderte Regelungen, die den lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen, anstatt pauschale Verbote.
Im 5. Bezirk (Belváros-Lipótváros), dem wirtschaftlichen Zentrum Budapests, wurde bereits 2020 eine Regulierung eingeführt. Bürgermeister Péter Szentgyörgyvölgyi erklärte, dass das Feedback der Anwohner positiv sei und die bestehenden Regelungen sich bewährt hätten. Allerdings ist der 5. Bezirk auch notorisch bekannt dafür, dass die meisten Apartments illegal bzw. unregistriert vermietet werden.
Es ist der Politik durchaus bewusst, dass Verbote nicht die Existenz der Kurzzeitvermietung beenden werden, sondern sie eher in den Untergrund verbannen. Was damit aber definitiv beendet wird, sind seriöse Investitionen in das Segment.
Kann das Verbot das Problem steigender Preise und Mieten lösen?
Unwahrscheinlich. Zum einen gibt es inzwischen statistische Untersuchungen zu den großen Metropolen, in denen Airbnb verboten oder streng reguliert wurde, die keinen Preisrückgang verzeichnen konnten.
Zum anderen: „In Budapest liegt der Anteil unbewohnter Wohnungen bei 17 %, was zu den schlechtesten Werten weltweit zählt. Von den 19 unbewohnten Wohnungen ist eine Airbnb-Wohnung und 18 stehen aus anderen Gründen leer. Nach Angaben von Wohnungsbauaktivisten steht die Hälfte davon, also neun, leer und unrenoviert. Am stärksten betroffen sind V., VI. und VII. In den Bezirken herrscht ein umgekehrtes Verhältnis zwischen unbewohnten und kurzfristig vermieteten Wohnungen. Das heißt: im 5. Bezirk gibt es die meisten unbewohnten Wohnungen (37 %) und die wenigsten Airbnb-Wohnungen (4 %). Der 5. Bezirk hat übrigens die Erteilung neuer Airbnb-Genehmigungen praktisch eingestellt, allerdings steigen hier in den Innenbezirken sowohl die Miete als auch der Verkaufspreis am stärksten. Die kurzfristige Wohnungsmiete trägt zur Erneuerung des Wohnungsbestandes bei und reduziert die Zahl der Wohnungen, die ohne Sanierung komplett vom Markt genommen werden.“ sagte Iván Somló, Vizepräsident der Vereinigung verantwortungsvoller Unterkunftsanbieter
Was bedeutet das Votum für Investoren?
Die potenziellen Einschränkungen werfen Fragen zur Zukunft des Airbnb-Marktes in Budapest auf. Investoren, die auf kurzfristige Mieteinnahmen setzen, sollten sich bewusst sein, dass strengere Regelungen oder gar Verbote in weiteren Bezirken nicht ausgeschlossen sind, auch wenn dies weiterhin unwahrscheinlich ist. Laut Experten könnten umfassende Einschränkungen von Kurzzeitvermietungen negative Auswirkungen auf den Tourismus haben, da viele Touristen dann lieber andere Städte wie Prag oder Krakau wählen würden.
Die ungarische Regierung hat bisher jedoch keine endgültige Entscheidung getroffen und erwartet Vorschläge für eine neue Regulierung.
Der Tourism Consulting Body, ein Beratungsgremium für die Regierung, hat kürzlich die Situation erörtert. Die Diskussionen drehen sich um die Auswirkungen von Airbnb auf die Wohnungsmärkte und die Tourismusbranche. Mit neuen Regelungen wird frühestens in den kommenden Monaten gerechnet.
Der 6. Bezirk ist somit ein Pilotprojekt, das man auch leicht beenden kann, etwa indem die Zahl der vermietbaren Tage von Null wieder auf z.b. 90 oder 120 erhöht wird, wie in vielen anderen Metropolen. Dafür muss man aber auch erst mal abwarten, wie sich alles entwickelt, was nun mal erst ab 2026 zu sehen sein wird.
Eines steht schon mal fest: Sollte sich im kommenden Jahr nichts an der Lage ändern, werden sich Airbnb-Gastgeber in den Nachbarbezirken ab dem 1. Januar 2026 über drastisch steigende Nachfrage und bessere Renditen freuen. Irgendwo müssen die Besucher ja unterkommen.