Normalerweise winken wir ab, wenn uns jemand eine Wohnung in den äußeren Vierteln des 8. Bezirks anbietet. Der Ruf ist zwar schlechter als die Realität, aber die Nähe zu sozialem Wohnungsbau, sichtbare Armut und ein immer noch überdurchschnittlicher Anteil von Menschen, die sich weder um soziale Normen, nachbarschaftliche Rücksichtnahme und gegenseitigen Respekt bemühen, sorgen dafür, dass Investoren, Touristen und Studenten einen großen Bogen um diese Gegenden machen.
Noch vor kurzem sprach ich mit einem Entwickler, der ein wunderschönes Wohnprojekt in diesem Umfeld realisiert hat, aber nun an den Belegungsdaten erkennt, dass die Lage ‚vergiftet‘ ist und es noch sehr lange dauern könnte, bis sich die Lage und mit ihr die Rentabilität verbessert. Die Erfahrung scheint die Notwendigkeit einer begleitenden (oder vorausgehenden) städtisch geförderten Entwicklung zu unterstreichen.
Forschungszentrum trifft auf D-Lage
Um so spannender erscheint uns daher ein kommendes Projekt der Semmelweis Universität in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung: ein großes Forschungszentrum, das just in einem Viertel gebaut wird, das wir bislang eher als D-Lage bezeichnen würden.
Das Vorhaben hat durchaus das Zeug dazu, innerhalb weniger Jahre die Attraktivität dieser Lage signifikant und nachhaltig zu verbessern und mit Studierenden, Mitarbeitern und Besuchern des Forschungszentrums eine interessante Zielgruppe anzuziehen. Der Bedarf an Mietwohnungen und Unterkünften würde steigen, und es könnte auch neue Geschäfte und Treffpunkte wie Cafés entstehen lassen.
Startschuss nach Jahren der Verhandlungen
Seit 2020 verhandelt die Gemeinde Józsefváros mit der Semmelweis-Universität über den Verkauf des von Kőris utca – Diószegi utca – Dugonics utca – Kálvária utca begrenzten Geländes und die Nutzung des Geländes durch die Universität. Im vergangenen Jahr kaufte die Semmelweis-Universität im Rahmen von Verhandlungen die betroffenen Grundstücke von der Gemeinde.
Die Partnerschaft zwischen der Universität und der Gemeinde zielt darauf ab, wissenschaftliche und innovative Entwicklungen zu fördern, die die Gesundheits- und Biotechnologiebranche des Landes und der Region vorantreiben sollen. Der Entwicklungsplan beinhaltet auch die Gestaltung der umliegenden öffentlichen Räume, wobei Feedback aus der Öffentlichkeit berücksichtigt wird, um mögliche Änderungen vorzunehmen.
Mitbestimmung der Anwohner erwünscht
Die neue Entwicklung der Semmelweis-Universität wird das Leben im Bezirk beeinflussen und die architektonische Umgebung sowie den Alltag der Bewohner verändern. Aktuell besteht die Möglichkeit, die Planungen auf der Grundlage des Feedbacks der Öffentlichkeit zu ändern.
Die Gemeinde Józsefváros eröffnete zu diesem Zweck eine öffentliche Konsultation zum neuen Forschungszentrum der Semmelweis-Universität, die vom 19. Juni bis 10. Juli 2024 stattfindet.
Investieren im Windschatten des Forschungszentrums?
Da noch nicht einmal der Spatenstich erfolgte, bleibt es aktuell noch sehr spekulativ, wenn man hier in Wohnungsbau oder Sanierung investieren möchte. Die Lage bleibt für Touristen und Geschäftsreisende aufgrund der Entfernung zu den Attraktionen der Stadt sowie zu den Metros auch weiterhin uninteressant, und es ist noch völlig unklar, ab wann etwa Dozenten und Forschungspersonal als Mieter auftreten werden. Bis dahin wird man eher bescheidene Mietpreise erlösen.
Dennoch könnte aufgrund der aktuell niedrigen Quadratmeterpreise die Wette auf drastisch steigende Preise innerhalb der nächsten 5 Jahre aufgehen. Man sollte also durchaus einen Anlagehorizont von 5-10 Jahren mitbringen und nicht auf sofortigen Cashflow fixiert sein. Der mag zwar auch so schon gegeben sein, aber einen deutlichen Schub wird man erst bemerken, wenn sich der Bau seiner Fertigstellung nähert.
Und bis es soweit ist, wird noch viel Wasser die Donau herunterfließen.
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