Nationale Konsultation über die Kriegssanktionen
Im Oktober werden die Ungarn im Rahmen einer Nationalen Konsultation ihre Meinung zur Frage der Energiesanktionen äußern können. Bei der Einleitung der Herbstsaison der Ungarischen Nationalversammlung am 26. September sagte Ministerpräsident Viktor Orbán, dass Ungarn das erste Land Europas sein werde, das die Bevölkerung zu den Sanktionen befrage.
Angesichts der bevorstehenden weltweiten Rezession drohe Europas Wirtschaft der Zusammenbruch und die Sanktionen des Westens hätten aus dem lokalen russisch-ukrainischen Konflikt einen globalen Wirtschaftskrieg gemacht. „Man hat jedoch vergessen, die europäischen Bürger zu befragen, die den Preis für die Sanktionen zahlen müssen!“ – erklärte der ungarische Ministerpräsident.
Novelle über Schwangerschaftsabbrüche
Am 15. September trat eine Regierungsverordnung des Innenministers Sándor Pintér, der unter anderem für das Gesundheitswesen zuständig ist, in Kraft, wodurch die frühere Verordnung zur Durchführung des Gesetzes Nr. 79 von 1992 über den Schutz des fötalen Lebens geändert wurde. Der Kern der Änderung besteht darin, dass eine Frau, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet, einen von einem Gynäkologen ausgestellten Bericht vorlegen muss, aus dem hervorgeht, dass der Arzt ihr einen klar erkennbaren Hinweis auf die Vitalfunktionen des Fötus gegeben hat.
Die Ethikkommission der Ungarischen Ärztekammer erklärte, die Änderung zu unterstützen, da „der Schutz des Lebens ein Grundprinzip der Medizin“ sei und das Leben schon mit der Empfängnis beginne. Neben zahlreichen Vertretern der Regierungsparteien kam Zustimmung für die Verordnung auch vonseiten der rechtsextremen Mi Hazánk. Kritik an der Novellierung kam vor allem von Bürgeraktivisten, die beklagten, dass die Entscheidung ohne Konsultation und gesellschaftliche Debatte getroffen wurde.
EU-Kommission will Haushaltsmittel für Ungarn kürzen
Wegen mutmaßlicher Mängel im ungarischen öffentlichen Vergabewesen schlug die Europäische Kommission am 18. September 2022 vor, dem Land Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt vorzuenthalten. EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn teilte mit, dass das Geld aus dem EU-Haushalt in Ungarn nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt sei. Zum ersten Mal würde so der Konditionalitätsmechanismus angewendet werden, nachdem das Rechtsstaatlichkeitsverfahren bereits im April 2021 eingeleitet wurde.
Des Weiteren blockiert die Kommission zurzeit mehrere Milliarden Euro an Corona-Hilfen. Für eine Kürzung müsste der Vorschlag von mindestens 15 Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, unterstützt werden. Polen hat bereits angekündigt, gegen den Vorschlag zu stimmen. Ungarn hat bis zum 19. November 2022 Zeit, die von der Kommission beanstandeten Zweifel an der Rechtstaatlichkeit auszuräumen.
Die ungarische Regierung zeigte Kompromissbereitschaft, zwei Gesetzespakete zur Korruptionsbekämpfung wurden bereits in der Woche nach dem Vorschlag der EUKommission eingereicht. Auch Johannes Hahn würdigte die Zusagen aus Budapest: „Ungarn hat sich tatsächlich bewegt“ – resümierte der Kommissar.
Preisstopps verlängert
Mitte September verkündete Kanzleramtsminister Gergely Gulyás die Verlängerung des Kraftstoffpreisstopps, die Deckelung der Preise wichtiger Lebensmittel sowie die Fortsetzung des Programms zur Nebenkostensenkung mindestens bis zum 31. Dezember dieses Jahres. Das Einfrieren der Zinssätze wird für weitere sechs Monate, bis zum 30. Juni, beibehalten. Gulyás zufolge machten die „Brüsseler Sanktionen“ diese Schritte erforderlich. Wenn die EU die Energiesanktionen aufheben würde, so Gulyás, würden sich die Preise für Gas und Strom schon am nächsten Tag halbieren.
Zuvor, am 8. September, kündigte Gulyás an, dass die ungarische Regierung für staatliche Einrichtungen und staatliche Unternehmen – mit Ausnahme von Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen – eine 25-prozentige Gaskürzung verfügt, die durch das Einsparen von Heizkosten erreicht werden soll.
MCC eröffnet Bildungszentrum in Brüssel
Auf der Semestereröffnungsfeier des Mathias-Corvinus-Collegiums am 16. September wurde es öffentlich: Dr. Zoltán Szalai, Generaldirektor des MCC und der Kuratoriumsvorsitzende Dr. Balázs Orbán erklärten, dass die Talentschmiede ab Oktober ein Bildungszentrum in Brüssel eröffnen wird. Dort sollen nicht nur Konferenzen und Buchpräsentationen veranstaltet werden, sondern jungen Studenten die Möglichkeit gegeben werden, im Rahmen von Studienreisen den Hauptsitz der Europäischen Union und der NATO kennenzulernen. Direktor des neuen MCC-Ablegers wird der renommierte Politikwissenschaftler Prof. Dr. em. Werner Patzelt gemeinsam mit Prof. Dr. Frank Füredi sein.
In diesem Jahr begann das MCC das akademische Jahr mit einer Rekordzahl von fast 6.000 Studenten an 24 Ausbildungsstandorten im ganzen Karpatenbecken.
Was führt König Charles III. in die ungarischen Dörfer Siebenbürgens?
König Charles III. ist in Siebenbürgen ein äußerst gern gesehener Gast. Seine Ururgroßmutter Gräfin Klaudia Rhédey wurde im damals noch zu Ungarn gehörenden Erdőszentgyörgy/Sankt Georgen auf der Heide geboren, wo im dortigen Rhédey-Schloss eine vor Kurzem eröffnete Ausstellung das Wirken des britischen Königshauses in Siebenbürgen vorstellt. Vor der Pandemie besuchte Charles Siebenbürgen fast jedes Jahr, wo er zehn Grundstücke besitzt, allein vier davon im überwiegend von Ungarn bewohnten Zalánpatak im Szeklerland.
Erworben hat er diese durch die Prince of Wales Foundation und den Mihai Eminescu Trust, welcher sich in großem Maße für die Renovierung und Instandsetzung von Kulturdenkmälern in ganz Rumänien einsetzt und somit auch den Tourismus in der Region entscheidend ankurbelt. In allen Dörfern, die König Charles besucht hat, sind sich die Einheimischen einig, dass er als Sprachrohr des ländlichen Tourismus viel mehr getan hat als der derzeit amtierende rumänische Tourismusminister.
Aber jetzt, da die siebenbürgischen Dörfer von seiner Krönung erfahren haben, befürchten viele, dass er nicht nur viel seltener nach Siebenbürgen wird kommen können, sondern wenn, dann nur mit einer Horde von Leibwächtern. Als „einfacher Prinz“ einen Spaziergang durch die schöne Landschaft machen, das wird er so vermutlich nicht mehr machen können.
Zur Quelle:
Das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit soll ein Forum für den akademischen, wissenschaftlichen und politischen Dialog zwischen Deutschland und Ungarn bieten und Entscheidungsträger wie auch interessiertes Fachpublikum beider Länder mit Themen, Debatten, Prozessen, Denkmustern und Ideen des jeweils anderen Landes bekanntmachen. Ziel ist es, durch Versachlichung des deutsch-ungarischen Diskurses mehr Verständnis, Verständigung und ein konstruktives Miteinander zu verwirklichen und so gemeinsam unser Europa zu erneuern.
Dieses Ziel möchten wir unterstützen und veröffentlichen Auszüge mit freundlicher Genehmigung der Verfasser. Die vollständige Ausgabe finden Sie hier als PDF. Die Website des Instituts erreichen Sie hier.
