Orbán trifft Scholz in Berlin
Ministerpräsident Viktor Orbán reist bekanntlich alle zwei Jahre nach Berlin, um sich mit seinem Gegenpart im Bundeskanzleramt zu treffen. Bevor er am 10. Oktober von Olaf Scholz empfangen wurde, besuchte er bereits am Tag zuvor Altkanzlerin Angela Merkel. Orbán traf sich im Übrigen auch mit Armin Laschet, dem Parlamentskreis Ungarn der CDU/CSUFraktion, hielt einen Vortrag auf dem Deutsch-Ungarischen Wirtschaftsforum und stattete auch dem 1. FC Union einen Besuch ab, um mit dem ungarischen Nationalspieler András Schäfer zu reden. Um den Besuch von Orbán bei Merkel und später bei Scholz sind wenig Details bekannt, die Gespräche waren vertraulich. Es wurde keine Pressekonferenz gehalten, eine Mitteilung aus dem Kanzleramt über das Treffen blieb aus. Orbán bezeichnete die Gespräche mit Scholz im Nachhinein als „fruchtbar“, mit Scholz könne man reden „wie mit einem Ungar“, was heißen soll, dass Olaf Scholz ein angenehmer, geradliniger Gesprächspartner sei. Es wurde auch über die schwierigen Themen gesprochen mit einem Ergebnis, mit dem jeder zufrieden sein kann. so Orbán.
6. Deutsch-Ungarisches Barometer
Anfang Oktober wurden die Ergebnisse des 6. Deutsch-Ungarischen Barometers des Nézőpont-Instituts und der Konrad-Adenauer-Stiftung Ungarn vorgestellt. Seit 2017 erhebt das Meinungsforschungsinstitut jährlich die Stimmung zwischen Ungarn und Deutschen. Nach wie vor ist eine überwiegende Mehrheit der Befragten beider Länder der Überzeugung, 88 % in Ungarn und 70 % in Deutschland, dass gute Beziehungen zwischen den Ländern sehr wichtig für die Zukunft Europas sind. Zugleich hatte immer noch eine Mehrheit der Befragten eine positive Meinung über das andere Land, 56 % in Ungarn und 59 % in Deutschland.
Nationale Konsultation zu den Kriegssanktionen
Die umfangreiche Liste der Fragen finden Sie im unten verlinktem Dokument.
Einer aktuellen Umfrage des regierungsnahen Nézőpont-Instituts von Mitte Oktober zufolge glaubt jeder zweite Ungar, dass die EU-Sanktionen „eher Europa schaden“ würden. Nur 12 % waren der Meinung, die Sanktionen würden eher Russland schaden, ein Drittel sagte, dass die Sanktionen beiden Seiten gleichermaßen schaden würden. Linke Wähler waren dabei von den Sanktionen weitaus mehr überzeugt als die Wähler des bürgerlichen Lagers. 24 % der linken Wähler sagten, dass durch die Sanktionen eher Europa leiden würde, wohingegen 28 % meinten, die Sanktionen würden eher Russland schaden. Fidesz-Sympathisanten antworteten auf die Frage eindeutig: nur 2 % waren der Meinung, dass die Sanktionen eher Russland als Europa treffen würden.
Aktuelle Umfragen
Der neuesten Umfrage des regierungsnahen Nézőpont-Instituts zufolge konnte Fidesz im Vergleich zur letzten Erhebung Ende August um 5 Prozentpunkte zulegen und würde demnach 52 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Ihre Popularität ebenso steigern konnte die Demokratische Koalition, die 3 Prozentpunkte hinzugewinnen konnte und mit 9 Prozent Zustimmung die derzeit bedeutendste Oppositionspartei ist. Momentum und Mi Hazánk verloren jeweils 2 Prozentpunkte Wählersympathie und liegen nun bei 3 bzw. 4 Prozent. Den ehemals bedeutenden Parteien MSZP und Jobbik würden derzeit nur jeweils 2 Prozent der Wähler ihre Stimme geben. Ein Neuling in der langen Reihe der Oppositionsparteien ist die Bewegung „Für das Volk“ (A Nép Pártján), die im Oktober zum ersten Mal die 1-Prozent-Hürde erreichte. Gründer der Bewegung ist Péter Jakab, der frühere Jobbik-Vorsitzende. Entschieden gestiegen ist die Zahl derer, die nicht explizit für eine der Oppositionsparteien stimmen, aber sicher links wählen würden. Ende August waren es 16 Prozent solcher noch unentschiedener linker Wähler, nun sind es bereits 20 Prozent.
Zu einem anderen Befund kam das regierungskritische Idea-Institut in einer Umfrage Anfang Oktober. Das Institut ermittelte zwar eine stabile Unterstützung von 51 Prozent für Fidesz im Kreise der sicheren Wähler, doch im Rahmen ihrer Erhebung kann die Demokratische Koalition auf weitaus mehr Wähler zählen, als die Umfrage von Nézőpont ergab. Idea zufolge würde die DK 20 Prozent der Stimmen bekommen. Die rechtsextreme Mi Hazánk käme auf 9, Momentum auf 6, Jobbik auf 4 und die sonstigen Oppositionsparteien auf 3 oder weniger 7 Prozentpunkte. Ebenso interessant ist der Blick die Unterstützung der Parteien in der Gesamtbevölkerung, also unter Einbeziehung der Nichtwähler und Unentschlossenen. Idea stellte fest, dass Fidesz statt 36 Prozent Zustimmung in der Gesamtbevölkerung zum Zeitpunkt der Wahlen derzeit auf noch nur 30 Prozent käme, während die Unterstützung der Demokratischen Koalition in der Gesamtbevölkerung auf das Niveau vor den Wahlen angestiegen ist (12 Prozent). Dem Meinungsforschungsinstitut zufolge haben die Regierungsparteien die Obergrenze ihrer Wählerschaft im April erreicht und beginnen nun, nach und nach Wähler am Rande zu verlieren.
Zur Quelle:
Das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit soll ein Forum für den akademischen, wissenschaftlichen und politischen Dialog zwischen Deutschland und Ungarn bieten und Entscheidungsträger wie auch interessiertes Fachpublikum beider Länder mit Themen, Debatten, Prozessen, Denkmustern und Ideen des jeweils anderen Landes bekanntmachen. Ziel ist es, durch Versachlichung des deutsch-ungarischen Diskurses mehr Verständnis, Verständigung und ein konstruktives Miteinander zu verwirklichen und so gemeinsam unser Europa zu erneuern.
Dieses Ziel möchten wir unterstützen und veröffentlichen Auszüge mit freundlicher Genehmigung der Verfasser. Die vollständige Ausgabe finden Sie hier als PDF. Die Website des Instituts erreichen Sie hier.
