Monatsbrief Ungarn – Mai 2022
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Monatsbrief Ungarn – Mai 2022
Fakten und Entwicklungen aus ungarischer Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Auszüge aus dem Monatsbrief des Deutsch-Ungarischen Institutes für Europäische Zusammenarbeit.

Konstituierende Sitzung der Ungarischen Nationalversammlung

Am 2. Mai, fast auf den Tag genau einen Monat nach den Wahlen, fand die konstituierende Sitzung des ungarischen Parlaments statt, und nicht zufällig fiel diese auf den 2. Mai. An diesem Tag im Jahre 1990 wurde das erste freie ungarische Parlament nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gebildet, was auch im Grundgesetz von 2011 verankert ist:
Der 2. Mai 1990 gilt als der Moment der Wiedererlangung der Souveränität und Demokratie in Ungarn.

 

Regierungsbildung – Was ist bisher bekannt?

Die Regierungsbildung wird für die Woche ab dem 16. Mai erwartet, bislang ist von offizieller Seite noch wenig über die personelle Besetzung der ungarischen Exekutive bekannt, lediglich zwei Politiker wurden in diesem Zusammenhang bereits erwähnt. Ministerpräsident Orbán äußerte sich Journalisten gegenüber Anfang April, er wolle, dass Péter Szijjártó auch in der neuen Regierung das Amt des Außenministers bekleidet. Auf die Frage nach der politischen Zukunft von János Lázár schloss Orbán eine Rückkehr des ehemaligen Kanzleramtsministers in die Regierung nicht aus. Lázár hatte im Wahlkreis 4 Csongrád 4 mehr Stimmen gewinnen können als sein Herausforderer Péter-Márki Zay, der als Spitzenkandidat der Opposition eine doppelte Blamage einstecken musste.

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Rechtsstaatsmechanismus – Brief an die ungarische Regierung

Im Streit um das Rechtsstaatlichkeitsverfahren zwischen der Europäischen Kommission und Ungarn gibt es neue Entwicklungen. Nachdem zuvor bereits die Einleitung des Rechtsstaatlichkeitsverfahrens gegen Ungarn angekündigt wurde, hat sich EU-Kommissar Johannes Hahn im Namen der Europäischen Kommission in einem Brief direkt an die ungarische Regierung gewandt und damit das Verfahren gegen Ungarn offiziell eingeleitet.

Damit wird ein sechs- bis neunmonatiger Prozess in Gang gesetzt, an dessen Ende der Rat der EU, bestehend aus den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten, über die Teilsuspendierung von EU-Fördergeldern entscheidet, sollte ein ungarischer Rechtsstaatlichkeitsbruch in Verbindung mit der Verwendung dieser festgestellt werden. Der Prozess sieht zunächst eine ungarische Stellungnahme zu den Kritikpunkten vor, woraufhin das Land die Möglichkeit erhält, Maßnahmen zur Beseitigung der, aus Sicht der EU, bestehenden Missstände zu ergreifen. In der anschließenden Ratsabstimmung unter Ausschluss Ungarns, müssen mindestens 15 Länder mit 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen, ob und in welchem Umfang Sanktionsmaßnahmen getroffen werden.

Kritisiert werden im Brief der Kommission besonders Anomalien im öffentlichen Beschaffungswesen, Unregelmäßigkeiten beim Verkauf landwirtschaftlicher Flächen und Mängel bei der Zusammenarbeit mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). Die ungarische Justizministerin Judit Varga bestätigte noch am selben Tag via Facebook den Erhalt des Briefes und stellte eine fristgerechte Antwort binnen drei Monaten in Aussicht, da Ungarn immer offen für einen konstruktiven und gegenseitig respektvollen Dialog sei.

Preisregulierungen bis Juli fortgesetzt

Die Folgen des Ukraine-Krieges machen sich auch in den Geldbörsen der Ungarn bemerkbar. Im März 2022 waren die Verbraucherpreise um 8,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor und brachen damit einen weiteren 15-Jahres-Rekord nach 7,4 Prozent im Dezember, 7,9 Prozent im Januar und 8,3 Prozent im Februar mit sich, wie das ungarische Zentralamt für Statistik (KSH) kürzlich mitteilte. Die Prognosen rechnen mit einer Inflation von 8,6 Prozent im April. Um die Auswirkungen der Inflation auf die Verbraucher abzudämpfen, kündigte die ungarische Regierung an, die Preisdeckelungen für Treibstoffe und Grundnahrungsmittel zunächst bis zum 1. Juli 2022 zu verlängern.

Der Preisstopp gilt für Diesel und E10-Benzin, sowie für die folgenden Lebensmittel: Kristallzucker, Weizenmehl, Sonnenblumenöl, Milch und ausgewählte tierische Produkte. Diese staatlichen Preisobergrenzen sollen die Gesamtinflation bisher um 3 bis 4 Prozentpunkte gesenkt haben. Die Regierung hat sich ebenfalls dazu entschlossen die ungarischen Renten anzuheben, da für das Jahr 2022 mit einer Inflationsrate von bis zu 8,9 Prozent gerechnet wird und diese die fünfprozentige Rentenerhöhung vom Beginn des Jahres deutlich übersteigt. Damit löst die Regierung ein früheres Versprechen ein und wird die Rentenbezüge ab Juli 2022 um weitere 3,9 Prozent anheben. Diese Rentenerhöhung wird ebenfalls rückwirkend für die erste Jahreshälfte ausgezahlt.

Corona-Situation Anfang Mai

Seitdem am 7. März 2022 in Ungarn sämtliche Corona-Sonderregelungen aufgehoben wurden, findet sich das Thema kaum noch in den medialen Schlagzeilen wieder. Tatsächlich sind trotz eines letzten Aufbäumens der mit dem Virus in Verbindung gebrachten Todesfälle Ende März die Fallzahlen kontinuierlich sinkend. Anfang Mai wurden durchschnittlich täglich etwa 1.300 Fälle registriert, die Zahl der täglichen an oder mit dem Coronavirus verstorbenen schwankte zuletzt zwischen 20-30.

Dass die Coronapandemie in Ungarn in der öffentlichen Wahrnehmung praktisch vorbei ist, zeigt nicht nur, dass nur wenige eine Maske tragen, sondern auch die seit Ende März annähernd zum Stillstand gekommene Impfkampagne.

Zur Quelle:

Das Deutsch-Ungarische Institut für Europäische Zusammenarbeit soll ein Forum für den akademischen, wissenschaftlichen und politischen Dialog zwischen Deutschland und Ungarn bieten und Entscheidungsträger wie auch interessiertes Fachpublikum beider Länder mit Themen, Debatten, Prozessen, Denkmustern und Ideen des jeweils anderen Landes bekanntmachen. Ziel ist es, durch Versachlichung des deutsch-ungarischen Diskurses mehr Verständnis, Verständigung und ein konstruktives Miteinander zu verwirklichen und so gemeinsam unser Europa zu erneuern.

Dieses Ziel möchten wir unterstützen und veröffentlichen Auszüge mit freundlicher Genehmigung der Verfasser. Die vollständige Ausgabe finden Sie hier als PDF. Die Website des Instituts erreichen Sie hier.

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